Personal: Nein heißt Nein! - Jeder kann ein Opfer werden, auch ich.

Fast jede siebte Frau ist in Deutschland von sexueller Gewalt oder Nötigung betroffen, doch nur 5% von den Fällen werden angezeigt (Quelle: TERRE DES FEMMES). Eine ernüchternde Zahl, denn sie ist ziemlich gering, viel zu gering! Doch warum ist das so?
Schließlich ist es nicht die Schuld der/des Betroffenen, nein! Denn auch wenn man nicht direkt mit Worten sagt, dass man "es" nicht will, heißt es nicht automatisch "Ja". Man hat weder demjenigen die Erlaubnis erteilt, noch hat man darum gebeten. Doch man steht unter Schock, kann sich nicht bewegen - aber es darf einfach nicht sein, dass die Täter dies als Möglichkeit oder gar Aufforderung sehen mit ihrer sexueller Belästigung weiterzumachen.

Nun soll es eine Gesetzesreform zu diesem Thema geben (Quelle: Süddeutsche), das nun differenzierter ist und tatsächlich gegen jegliche Sexualtäter vorgeht. "Ein schärferes Strafrecht soll besser vor Übergriffen schützen.", sagt Constanze von Bullion, die Autorin des Artikels, doch inwiefern wird dies in der Realität umgesetzt? Wie sicher sind wir Frauen noch vor sexueller Belästigung, was sind unsere Rechte? Bedeutet Nein gleich Nein, muss eine Frau überhaupt verbal aktiv werden oder reicht auch eine ausdrückliche abweisende Körpersprache?


Nein heißt Nein, egal ob in Worten oder mit Gesten ausgedrückt.


Die Verschärfung des Sexualstrafrechts ist ein großer Schritt in die richtige Richtung für uns Frauen, endlich wurden wir wahrgenommen, ernst genommen! Diese neue Änderung kommt meiner Meinung nicht nur den Betroffenen im Gericht zu Gute, sondern erleichtert einer geschädigten Person auch den Weg zur Polizei. Sie zeigt hoffentlich endlich, dass die Gesellschaft nun jegliche sexuelle Straftat ernst nehmen muss - egal welche Schwere sie hat.

Doch wichtige Gründe, wieso man bei solch einem schlimmen Vorfall dringend Anzeige erstatten soll und den aufwändigen Schritt zur Polizei zu gehen machen sollte, ist, dass man sich selbst und sogar anderen gegebenenfalls auch hilft. Es ist der erste Weg zur Verarbeitung des Geschehens, schließlich muss man sich im Klaren werden, was passiert ist! Natürlich wird es schwer sein das schlimme Erlebnis, welches man am liebsten gleich verdrängen will, wiederzugeben. Alle Details erneut ins Gedächtnis zu rufen, jedes einzelne Bild wieder vor Augen zu haben und es laut auszusprechen. Aber es hilft darüber zu reden - es ist sogar sehr befreiend! Und auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, den Täter ausfindig zu machen, ohne jegliche Beweise und einer wagen Beschreibung: Es bringt trotzdem etwas! Nicht nur einem selbst, sondern auch den weiteren Opfern, die der Täter bereits belästigt hat. Denn bei Wiederholungstäter steigt die Chance, dass dieser endlich geschnappt wird! Und wenn man keine Anzeige erstattet, dann verwehrt man vielleicht die einmalige Chance für alle anderen Opfer, dass ein wichtiger Zeuge -also man selbst- fehlt und der Täter aus diesem Grund weiter auf freiem Fuß sein darf. Deshalb tut euch und anderen Frauen den Gefallen und geht zur Polizei, wenn ihr von sexueller Belästigung, Nötigung oder Gewalt betroffen seid! Und wenn ihr euch alleine nicht traut, nehmt eure Freundin, ein Elternteil oder auch euren Freund mit zur seelischen Unterstützung. Denn wenn jemand dir dabei die Hand hält und du weißt, dass jemand für dich da ist, dir glaubt, dann schafft man diesen mutigen Schritt auch! Ich weiß, wovon ich spreche - Ich wurde sexuell belästigt.

2016-07-05 16

Und nun ein offener Brief an meinen Täter:


Ein Lächeln ist keine Aufforderung für dich, und selbst die kürzeste Hose oder ein tiefer Ausschnitt würden nicht "Fass' mich an!" bedeuten. Ich glaube an das Gute in Menschen. Auch bei dir war das der Fall. Und nachdem du mein Lächeln erwidertest, war das komische Gefühl im Bauch auch wieder weg - doch es sollte wiederkommen. Denn als du mich nach dem Weg fragtest und ich dir -trotz Zeitdruck- antwortete, kamst du mir nahe, viel zu nah. Ein Warnsignal in meinem Kopf läutete bereits, doch ich konnte und wollte dir nichts Schlechtes unterstellen, ignorierte die Gedanken, dass an der Situation etwas komisch war. Du haktest weiter nach, wolltest wissen, wie man dort genau hin käme. Trotz des schlechten Bauchgefühls schaute ich nochmal genauer auf mein Handy und da sahst du wohl deine Chance, um mich weiter zu belästigen und mit deinem männlichen Geschlechtsteil an mein Hinterteil zu kreisen. Unmittelbar schreckte ich auf - erst jetzt wusste ich genau, dass hier was nicht stimmen kann. Ich schaute dich an, direkt in dein widerwärtiges Gesicht mit einem erregten Ausdruck. Mein Blick wanderte nach unten - dein Hosenstall war offen und man sah durch die Öffnung nackte Haut. Wie eklig und wütend mich dies auch machte, mein Schock saß tief und ich wollte nur weg, ganz weit weg von dir und deiner ekligen Absicht. Als ich mich wegdrehte und mich von dir entfernen wollte, hatte ich jedoch Angst, dass du mich weiter verfolgst. Ich blickte zurück - du warst noch da und liefst mir hinterher. Ängstlich öffnete ich meine Frontkamera, um zu kontrollieren, wo du dich aufhieltst. Doch beim Blick ins Display warst du auf einmal weg. Panik machte sich in mir breit.


Ich fühlte mich hilflos, keine Menschenseele war weit und breit zu sehen - ich wusste einfach nicht mehr, was ich machen sollte. Doch ich wusste aber auch, dass ich ein Beweis bräuchte, damit ich ein Stützpunkt für diese Tat habe. Trotz meiner Angst änderte es nichts an meinem Entschluss dich, meinen Täter, bildlich festzuhalten. Ich war mir sicher, dass du nicht so schnell wegrennen konntest, in den zwei Sekunden konntest du nicht einfach verschwinden. Also wechselte ich die Straßenseite, ein Sicherheitsabstand wollte ich von dir haben, und fing an zu filmen. Während ich also wieder zurück lief, suchte ich dich am Tatort. Du hattest dich, wie erwartet, versteckt, hinter einer Wand eines Eingangs. Du Feigling! Ich provozierte dich, wollte, dass du dich in die Kamera drehst. Aber du durchschautest meine Aktion und bewegtest dich kein Stück. Nach einer Weile merkte ich aber, dass es keinen Sinn macht dich in dieser Stellung weiterhin zu filmen und beendete das Video. [...]

"Was mache ich jetzt? Eine Anzeige würde sich doch nicht lohnen... Es war doch harmlos, oder? Mich hätte es noch schlimmer erwischen können. Vergiss' es einfach, jedem passiert sowas mal."

Meine Gedanken kreisten sich nur noch um diese schlimmen fünf Minuten, ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich weine nicht oft in der Öffentlichkeit, aber du hast es tatsächlich geschafft, dass ich so heftig unter Schock stand, dass ich mich nicht mehr beruhigen konnte. Ich zitterte und konnte es immer noch nicht wirklich realisieren. Zum Glück ermunterten mich mein Freund und meine Freunde noch am gleichen Tag zur Polizei zu gehen, obwohl ich nicht wirklich davon überzeugt war. Doch als ich dann Anzeige erstattete, fiel mir ein riesen Stein vom Herzen und es war einfacher mit jemanden zu reden, der die Tat ernst nimmt und auch deshalb rechtlich vorgehen kann.

Und egal, wie gering die Chance auch sein mag dich ausfindig zu machen, weiß ich wenigstens, dass du eingeschränkt in deinem Tun bist und bei einem Fehltritt erwischt und bestraft werden könntest. Hoffentlich wirst du nie wieder ein anderes Mädchen anfassen, ansprechen und belästigen können! Wer sowas nötig hat, hat nicht mal verdient von einer Frau geliebt zu werden - denn wenn du nicht die Ehre und Rechte der Frau respektierst, wie willst du überhaupt eine glücklich machen?

Trotz dieser traurigen Erfahrung werde ich dennoch nicht den Glauben an das Gute in die Menschheit verlieren, ich werde weiterhin Leute anlächeln und ihnen den Weg zeigen. Du wirst mich nicht runterkriegen, ich werde mich nicht wegen dir verändern.

You Might Also Like

12 moments

  1. Oh Gott Hang.. Du Arme. Nächstes Mal laut werden, das schreckt die meisten ab.
    Ich wurde auch öfters belästigt und kenne diese Beklommenheit. Bin auch froh, dass das Gesetz verschärft wurde, auch wenn es aus feministischer/emanzipatorischer Sicht irgendwie ein Schritt zurück ist. Aber offenbar ist das ja nötig, traurige Wahrheit..

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Yoyó, danke für deinen Kommentar und dass du auch deine persönlichen Erfahrungen mit mir/uns teilst! ♥ Kommst du denn auch aus einer Großstadt und muss man das als "normal" sehen bei so vielen Menschen? Das wäre doch traurig! Wir brauchen unbedingt irgendeinen Schutz, das geht doch nicht so weiter?!

      Das mit dem laut werden ist leider leichter gesagt als getan - aber die Geschichte ging ja noch etwas weiter und ich habe tatsächlich noch Menschen angesprochen und auf mich aufmerksam gemacht. Sie beruhigten mich erstmal, doch sie konnten auch nicht wirklich was machen, da der Täter dann weggelaufen ist (und ich glaube sie hielten mich im ersten Augenblick auch erstmal für verrückt oder so...). Da wäre vielleicht Selbstverteidigung eine gute Alternative, aber wie das rechtlich geregelt ist, weiß ich leider nicht.

      Liebe Grüße und pass auf dich auf :*

      Löschen
  2. Ein sehr gut geschriebener Text zu einem leider viel zu selten angesprochenem Thema! Ich finde es gut, dass du davon schreibst und zur Polizei gegangen bist, damit diese Person nicht noch mehr Menschen belästigen kann.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke dir, Liz - das bedeutet mir wirklich sehr viel! ♥

      Löschen
  3. Ich habe deinen Beitrag sehr aufmerksam gelesen und bin sehr beeindruckt von deinem Mut! Ich finde es schrecklich was dir passiert ist und kann deinen Schock, deine Wut und auch die Hilflosigkeit sehr gut nachfühlen. Ich finde es toll bist du zur Polizei gegangen. denn es ist wichtig NICHT zu schweigen! Solche Täter dürfen nicht davon kommen! Nein, heisst nein! Da bin ich voll deiner Ansicht, nur weil wir einen weiblichen Körper haben, heisst das nicht das wir von Männern angegrabscht oder noch schlimmeres wollen!
    Wirklich ein sehr toller Beitrag ♥

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Elizzy, dankeschön dir für deine Worte, das ist echt lieb von dir :) ♥ Und dito, deine Meinung kann ich nur zu 100% vertreten!

      Löschen
  4. Ein schöner Post!
    Das mit dem Anlächeln finde ich auch immer ein heikles Thema - ich lächele generell alle Menschen an mit denen ich ganz zufällig Blickkontakt habe. Ein freundliches, kurzes aber auch unpersönliches Lächeln. Oftmals sagen Freunde zu mir, warum ich das tun würde und dass man das falsch verstehen kann. WIESO??? Sollen wir alle nur mit kaltem Blick durch die Stadt aneinander vorbeirennen. Wegen Menschen, die aus einer Mücke einen Elefanten machen und über jede Grenze hinweg pervers sind?
    Nach ich fasse dich an und komme dir unnormal nah, sind doch noch 47293 weitere Schritte.

    Mich macht es wütend, dass ich jemals darüber nachgedacht habe, niemanden mehr anzulächeln. Dabei - wie du auch schon meinst - muss nicht ich meine Einstellung ändern, sondern Menschen wie dein ekelhafter Täter.

    Hut ab, dass du so eine Erfahrung teilst!
    xx Ana // www.disasterdiary.de

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Ana, ich persönlich finde es verschönert einem den Tag angelächelt zu werden, weshalb ich weiterhin auch noch Leute anlächel' - wie du sagst ist es freundlich, jedoch auch unpersönlich. Und nur Menschen mit einer "Absicht" würden dies gewollt falsch verstehen und die Freundlichkeit/Höflichkeit ausnutzen. Aber lass' dich davon nicht von deiner positiven Art abbringen, lass diese perversen Leute nicht über dein Handeln entscheiden und mach' so weiter, wie du es für richtig hälst! :) Danke für deinen langen Kommentar ♥

      Löschen
  5. ohgott, Hang! als ich diesen text durchgelesen habe wurde mir selbst ganz mulmig. ich finde es gut, dass du darüber schreibst und anderen somit mut machst, das gleiche zu tun. ich kann verstehen, dass die erfahrung bestimmt traumatisch war und viele andere es eher für sich behalten hätten. ich habe diese erfahrung glücklicherweise noch nie machen müssen und hoffe es bleibt auch dabei. ich wünsche dir ganz viel kraft, dass du diese gedanken irgendwann mal ablösen kannst!

    Sandy http://golden-shimmer.blogspot.de/

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Vielen Dank Sandy für deine lieben Worte! :) ♥ Die Gedanken sind relativ abgeklungen, da ich ja offen darüber rede und es dadurch verarbeite, alles gut! Ich wünsche dir (und alle anderen Frauen da draußen) von Herzen, dass du/ihr solch eine Erfahrung niemals machen müsst! Pass auf dich auf!

      Löschen
  6. Hallo Hang,
    ich bin aus Zufall beim Stöbern auf deinen Text gestoßen und finde sehr gut, dass du etwas ansprichst, was zu oft verschwiegen und nahezu beiläufig abgewunken wird. Und: Danke für deinen Mut, zu schreiben, was dir passiert ist. Damit stehst du als Vorbild für viele andere. Ich war ebenfalls schon einmal wegen einer ähnlichen Situation bei der Polizei. Auch bei mir kam nichts weiter heraus, aber es tut gut, einen Schritt in die richtige Richtung gemacht zu haben, da man nie weiß, wie solche Personen weiter gehen.
    Du scheinst ein von Natur aus fröhlicher Mensch zu sein und ich hoffe sehr, dass du diese Erfahrung schnell verarbeiten konntest. Sicher helfen da auch Leute aus deinem Umfeld. Aber hör dadurch nicht auf, Menschen anzulächeln. Natürlich ist das eine persönliche Empfindung, aber ich fand es die Tage danach sehr schwierig, andere anzusehen und musste mich dazu förmlich zwingen. Aber es lohnt sich, weil sich der Großteil der Menschen doch über ein ungezwungenes, zufälliges Lächeln freuen.
    Danke für einen Post!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hey du :)
      Ich danke dir für deinen Kommentar, das bedeutet mir sehr viel! Und das Schreiben hilft mir persönlich sehr, weshalb es mich noch mehr freut, dass es auch anderen hilft :)

      Es tut mir Leid, dass du so eine Erfahrung durchleben musstest :( Aber es ist gut, dass du zur Polizei gegangen bist! Klar kommt da meistens nichts dabei raus (leider!), doch wie du sagst, tut es einem gut darüber zu sprechen und das bestätigt meine Annahme nochmals - danke! (Klar verarbeitet es jeder anders, aber ich denke es zu verschweigen tut keinem wirklich gut)

      Wow, ich wusste gar nicht, wie sehr meine Persönlichkeit "nur" durch den Blog herauskommt - aber ja, ich bin ein ziemlich positiv eingestellter Mensch :) So eine Erfahrung prägt einem leider sehr, doch ich glaube ich habe es gut im Griff, da ich auch sehr offen darüber rede und nicht mehr bei jedem Satz einen Kloß im Hals habe. Auf jeden Fall werde ich weiter Menschen anlächeln, das wird sich nicht so schnell ändern - anfangs fiel es mir aber auch ziemlich schwer raus zu gehen und keine Angst zu haben. Doch ich wollte mich davon nicht aus der Bahn werfen lassen und musste mich auch aufrappeln, um die Dinge wieder positiv zu sehen...

      Ich danke dir eher für dein Kommentar und dass du auch deine Erfahrung mit mir/uns geteilt hast ♥ Pass' auf dich auf :)

      Löschen

Hallo ihr Lieben! Ich würde mich riesig über eure Kommentare freuen :) Liebe Grüße und einen wunderschönen Tag wünsche ich euch! Vergesst niemals zu lächeln ♥

Datenschutz & Kommentare
Dieser Blog ist mit Blogspot erstellt und wird von Google (über kleidung.com) gehostet. Daher gelten die Datenschutzerklärung & Nutzungsbedingungen für Google-Produkte. Beim Kommentieren erkennst du automatisch die Datenschutzrichtlinien dieser Seite an.

Wenn du Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Beitrag durch das Setzen des Häkchens abonniert hast, informiert Dich Google jeweils durch eine Mail, an deine hinterlegte Mail-Adresse deines Google-Profils. Durch Entfernen des Häkchens löscht du das Abonnement und es wird dir eine entsprechende Nachricht angezeigt, dass das Abonnement beendet ist. Du kannst dich auch in der Mail, die dich über einen neuen Kommentar informiert, über einen deutlichen Link wieder abmelden.

Weitere Informationen zum Datenschutz und zum Impressum auf diesem Blog, findest du in der fixierten Navigationsleiste.